Einführung in die Tierethik (Seminar)
Leuphana Universität Lüneburg
Dr. Philipp Bode
Dürfen Tiere zugunsten menschlicher Interessen besessen, gebraucht und getötet werden? Und wo verläuft eigentlich eine moralisch sinnvolle Grenze zwischen Mensch und Tier, sofern es sie denn überhaupt gibt? In den vergangenen Jahren sind grundsätzliche Fragen zum Verhältnis Mensch-Tier zurück auf die philosophische und gesellschaftliche Agenda gerückt. Die westliche Philosophie hat das Verhältnis von Mensch und Tier traditionell als hierarchisch verstanden – Kreationismus, Behaviourismus und Sozialdarwinismus haben diese Auffassung zudem erheblich verstärkt. Doch nicht zuletzt die anhaltenden Diskurse in der Folge von Peter Singers berühmtem Speziesismus-Vorwurf sowie die Debatte um Tierversuche in der Bio-und Medizinethik (etwa zur Impfstoffgewinnung) haben die Frage nach dem Verhältnis von Mensch und Tier erneut aktuell werden lassen. Es geht dabei in einem theoretischen Teil um den moralischen Status von Tieren (was auch unmittelbare anthropologische Fragen zum Wesen des Menschen impliziert), somit auch um Fragen nach Tierschutz und insbesondere nach Tierrechten. In einem praktischen Teil berührt die Tierethik z.B. die Themen Tierversuche, Massentierhaltung, Tierhandel, also Tierbesitz grundsätzlich, mithin immer wieder die ethische Vertretbarkeit des Tötens bzw. „Gebrauchens“ von Tieren zu menschlichen Zwecken (Nahrungsaufnahme, medizinischer Fortschritt, Unterhaltung und auch Haustiere).
Das Seminar versteht sich als Einführung und möchte klassische, aber auch weniger bekannte Positionen der Tierethik aus dem 19. und 20. Jahrhundert sowie einige aktuelle Texte lesen und untersuchen. Dabei stehen drei übergeordnete Fragen stets im Zentrum: Lässt sich die absolute Bevorzugung menschlicher Interessen vor tierischen moralisch begründen oder verhält es sich womöglich umgekehrt? Lässt sich die absolute Gleichbehandlung von menschlichen und tierischen Interessen begründen? Und welche Zwischenpositionen sind begründbar? Entlang dieser Kernfragen dient das Seminar zugleich als Einführung in ethisches Argumentieren, da es mit einigen zentralen Moraltheorien bekannt machen wird (Utilitarismus, Deontologie, Tugendethik, Kontraktualismus).