Grundfragen der Religionsphilosophie (Seminar)
Leuphana Universität Lüneburg
Dr. Philipp Bode
Das Seminar möchte einen Überblick über Grundfragen der Religionsphilosophie geben und wird sich dabei auf drei Themenkomplexe konzentrieren:
(1) Gottesbeweise: Ist die Existenz Gottes – ja oder nein – mit den Möglichkeiten des reinen Denkens beweisbar? Diese Frage hat die Metaphysik (und später die Logik) über viele Jahrhunderte beschäftigt und sich damit zu einem klassischen Problem der Philosophie entwickelt. Auch wenn mit Kant die Aussicht auf erfolgreiche Gottesbeweise zu Grabe getragen schien – bis heute hat die Idee dieses vermeintlichen Glanzstückes der Vernunft nichts von ihrem Reiz verloren: Robert Spaemann legte noch 2007 seinen „letzten Gottesbeweis“ vor. Die Blütezeit der Gottesbeweise lag im Mittelalter, zuvorderst im 11. und 13. Jahrhundert. Diese Zeit möchte das Seminar in den Blick nehmen und die zwei prominentesten Denker von Gottesbeweisen (sowie deren Kritiker) ins Zentrum rücken. Ihnen verdanken wir die berühmtesten und wohl wirkungsmächtigsten Beweisversuche – die Rede ist vom sog. „ontologischen Gottesbeweis“ des Anselm von Canterbury sowie den „fünf Wegen“ zu Gott des Thomas von Aquin. Als thematische Klammer wird ein Überblick über die philosophischen und theologischen Voraussetzungen für die mittelalterlichen Beweise selbst, über nachfolgende neuzeitliche Gottesbeweise (Descartes, Spaemann) sowie grundsätzliche Kritik (Kant) gegeben.
(2) Religionskritik/Atheismus: Atheismus ist ein weiter und nicht immer randscharfer Begriff. Im Wortsinn ist ein Atheist ein „Gottloser“, jemand, der von der Nichtexistenz jeglicher Gottheit überzeugt ist. Doch der Atheismus kennt verschiedene Spielarten, er findet sich in einem weiten und einem engen Sinn, grenzt sich zum Agnostizismus wie auch zur Atheologie ab, und findet sich bereits in den frühesten Tagen westlicher Philosophie. Gegenwärtig erfährt der Atheismus eine neue Qualität. Insbesondere die fortdauernde und umfassende Religionskritik im Anschluss an die Anschläge vom 11. September 2001 – vertreten etwa durch Daniel C. Dennett, Sam Harris, Richard Dawkins oder Christopher Hitchens – kritisieren scharf den Machtanspruch und Einfluss jeder Form von Religion. Häufig wird diese Form auch als „Neuer Atheismus“ bezeichnet. Im Seminar werden insbesondere klassische neuzeitliche Positionen zur Religionskritik (Ludwig Feuerbach, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud) sowie Positionen und Argumentationen des „Neuen Atheismus“ behandelt.
(3) Theodizee und Willensfreiheit Es ist nach wie vor eine der intellektuell und existentiell grundlegendsten Fragen der Theologie und Religionsphilosophie: Wie ist das Leiden in der Welt mit der Annahme eines allmächtigen, allwissenden und allgütigen Gottes vereinbar? Kurz: Wie kommt das Böse in die Welt? Wie kann Gott das Böse zulassen? Gemeint ist das sog. Theodizeeproblem, die Rechtfertigung Gottes, die Georg Büchner den „Fels des Atheismus“ nannte. Antwortversuche gibt es viele, aber kann es überhaupt eine Antwort geben? Handelt es sich überhaupt um eine Frage oder vielmehr um eine Klage? Und wie verhält es sich mit der Willensfreiheit in diesem Zusammenhang? Gibt es sie bzw. kann es sie überhaupt geben? Im Seminar werden ausgewählte klassische und moderne Auseinandersetzungen mit der Theodizeefrage behandelt, die jeweils unterschiedliche argumentative Lösungsansätze anbieten.